„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist bedroht“

Diözesan-Caritasverband kritisiert geplante ANKER-Zentren für Flüchtlinge
„Eine Aufenthaltsdauer von über zwei Monaten ist für Kinder dort nicht zumutbar“, kritisiert der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg die geplanten ANKER-Zentren für Flüchtlinge. Der Verband befürchtet, dass in diesen Zentren mit bis zu 1.500 Personen das Kindeswohl der dort untergebrachten Minderjährigen gefährdet ist.
„Damit ein familiengerechter Aufenthalt auch nur in Ansätzen möglich wird, müssen zwingend Familienzimmer eingerichtet werden, die auch abschließbar sind. Darüber hinaus müssten Frauenschutzhäuser für allein reisende Frauen mit ihren Kindern obligatorisch sein“, fordert Peter Ehmann, der Geschäftsführer des Caritasverbandes für die Stadt Bamberg. Der Stadtverband leistet in der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) in Bamberg die Asylsozialberatung. Nach den Plänen von Bundesinnenminister Horst Seehofer soll die AEO eine der geplanten Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehreinrichtungen (ANKER-Zentrum) werden.
Sollte dies umgesetzt werden, erwartet die Caritas, dass sich die Verhältnisse für Kinder und Jugendliche in den Flüchtlingszentren noch weiter verschlechtern. „Familien mit einer geringen Bleibeperspektive benötigen eine unabhängige Rückkehrberatung, die die Familien dann auch bei einer freiwilligen Rückführung unterstützten kann“, sagt Ehmann. „Nur so kann man zwangsweisen Abschiebungen, die eine schwere Belastung besonders für die Kinder darstellten, zuvorkommen.“
Wo so viele Menschen verschiedenster Nationalitäten auf engstem Raum über Monate zusammenleben, sind Konflikte der Gruppierungen untereinander und innerhalb der Familien vorprogrammiert. „Wie kann unter solchen Umständen ein Jugendamt sinnvoll einer mögliche Kindeswohlgefährdung entgegentreten?“ fragt Otto Bezold, der Leiter der Jugendhilfeeinrichtung der Caritas in Pettstadt.
„Als Inobhutnahmestelle nehmen wir rund um die Uhr Kinder- und Jugendliche in Krisensituationen aus der AEO auf“, erläutert Bezold. „Doch wie soll das zuständige Jugendamt die gefährdeten Kinder in einer Massenunterkunft mit nahezu 1.500 Bewohnern ausfindig machen und eine Einschätzung über die mögliche Gefährdung vornehmen?“ Notwendig wird die Unterbringung eines Kindes in einem Heim z.B. dann, wenn Kinder von ihren Eltern allein in der Unterkunft zurückgelassen werden, die Mutter sich in einer Klinik oder in der Psychiatrie befindet oder wenn sich Kinder und Jugendliche allein ohne familiäre Begleitung in der Unterkunft aufhalten. „Ein ANKER-Zentrum in der geplanten Form würde einer strukturellen Kindeswohlgefährdung gleichkommen“, befürchtet Bezold.
Und für eine weitere Gruppe von jungen Flüchtlingen sieht die Caritas bereits jetzt eine deutliche Verschlechterung: Immer häufiger werden junge unbegleitete Asylbewerber nach ihrem Aufenthalt in der Jugendhilfeeinrichtung direkt in zentrale Gemeinschaftsunterkünfte verbracht. Dabei stellt die Caritas betreute dezentrale Wohnmöglichkeiten zur Verfügung. „In den lauten, engen und oftmals chaotischen zentralen Einrichtungen könnten die Jugendlichen sich nicht auf die Schule vorbereiten, lernen und in Ruhe schlafen“, beschreibt Otto Bezold die Situation. Stattdessen würden sie mit Kriminalität konfrontiert und schwänzten die Schule. „Damit werden monate- und manchmal sogar jahrelange Bemühungen und Erfolge aus den Jugendhilfeeinrichtungen zunichte gemacht“, beklagt der Leiter der Caritas-Jugendhilfe und fordert: „Der Staat muss die Angebote der Caritas für betreutes Wohnen auch nutzen.“