Psychisch Kranke werden unter Generalverdacht gestellt
Diözesan-Caritasverband kritisiert Entwurf zum Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz als extrem diskriminierend
Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg appelliert gemeinsam mit anderen Wohlfahrtsverbänden an die bayerische Staatsregierung, ein modernes Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz dem Landtag zur Verabschiedung vorzuschlagen. Der gegenwärtig vorliegende Gesetzentwurf hat nach Überzeugung der Verbände dringenden Nachbesserungsbedarf. Das Gesetz sollte einer modernen menschenrechtlich orientierten Psychiatrie dienen.
„Seit Jahren fordern die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern ein modernes Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“, sagt Elisabeth Nüßlein, Referentin für Psychiatrie beim Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg. Dabei verfolgten sie vor allem das Ziel, dass die Qualität der psychiatrischen Versorgung, insbesondere der Krisenversorgung, verbessert wird. Hilfen und unumgängliche Zwangsmaßnahmen sollten aufeinander bezogen sein, wobei auch bei gesetzlichen Vorgaben die Menschenrechte den Umgang mit psychisch Kranken prägen sollten. Falls die Unterbringung psychisch Kranker notwendig ist, sollte deren Durchführung so wenig stigmatisierend wie möglich geschehen.
„Der nun aktuell vorliegende Gesetzentwurf der Staatsregierung hat sich jedoch in wichtigen Aspekten von diesen Zielsetzungen entfernt“, kritisiert Nüßlein. Das Gesetz enthalte nur vier Paragraphen über Hilfen für Kranke, jedoch 35 über ihre Unterbringung zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Positiv an dem Gesetz sei lediglich die Einführung eines flächendeckenden Krisennetzwerkes. Diese gute Absicht werde aber durch hochgradig stigmatisierende Formulierungen und Regelungen konterkariert. Der Schwerpunkt des Gesetzentwurfs liege immer auf der Gefahrenabwehr. „Höchst ungut ist dabei die ständige Vermischung von Maßregelvollzug und öffentlich-rechtlicher Unterbringung“, beklagt Nüßlein. „Fast alle Vorschriften orientieren sich am Strafrecht und am Maßregelvollzug für Straftäter.“ Psychisch kranke Menschen würden mit „Gefährdern“ gleichgesetzt. So könnten depressive Menschen künftig in Krankenhäusern festgesetzt werden, ohne dass eine Straftat vorliege. „Dabei sind die allermeisten psychisch kranken Menschen weder gefährlich noch Straftäter“, wendet Nüßlein ein.
Die Fachwelt sei entsetzt, berichtet die Referentin. In der Öffentlichkeit und in verschiedenen sozialen Netzwerken finde deshalb eine rege Diskussion statt. Nüßlein weist darauf hin, dass im Internet eine Petition zur Überarbeitung und Verbesserung des geplanten Gesetzes gestartet wurde, an der sich jeder beteiligen kann. Die Petition ist zu finden unter www.change.org/p/markus-soeder-stoppen-und-%C3%BCberarbeiten-sie-das-bayerische-psychiatriegesetz.