Zum Inhalt springen

Zentrale Informationsstellen für Betroffene fehlen

Gespräch über Wohnungslosigkeit mit MdL Kohler
Datum:
Veröffentlicht: 3.5.19
Von:
Klaus-Stefan Krieger

Caritas sprach mit dem Landtagsabgeordneten Jochen Kohler in Nürnberg über Wohnungslosigkeit

Was können Staat und Gesellschaft gegen Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit unternehmen? Diese Problematik diskutierten Vertreter der Caritas aus Ober- und Mittelfranken mit dem Landtagsabgeordneten Jochen Kohler. Zusammen gekommen waren sie im Domus Misericordiae, einer Einrichtung des Caritasverbandes Nürnberg für Wohnungslose.

Scheidung, Suchtprobleme, Inhaftierung – das sind Lebensumstände, durch die Menschen in die Wohnungslosigkeit geraten. Am Beginn des Gesprächs standen die Erfahrungsberichte dreier Betroffener, die erzählten, wie sie obdachlos wurden, Zuflucht im Domus fanden und teilweise auch wieder Fuß fassten.

Dabei wurde deutlich, dass Behördenhandeln mitverantwortlich ist, wenn die Wohnung verloren geht oder keine neue gefunden wird. Da erhält ein Inhaftierter keine Information, dass das Job-Center bei einer kurzen Haftstrafe weiter Wohngeld zahlt, damit er nach der Haftentlassung nicht obdachlos ist. Da wird einem Hartz IV-Bezieher mitgeteilt, dass seine Wohnung zu groß ist, nur weil die Lebensgefährtin mit Kindern eine längere Entziehungskur macht. Da ist auf der anderen Seite die Wohnung für eine geschiedene Frau zu klein, weil sie drei Kinder hat – die aber beim Vater leben. Oder das Job-Center verweigert den Zuschuss zur Beschaffung von Möbeln, weil die Mieterin eine bereits vorhandene Einrichtung übernimmt.

Einhellig zogen die Gesprächspartner den Schluss, dass es an zentralen Informationen fehlt. Die Job-Center sollten nicht nur über amtliche Fragen, sondern auch über Angebote der Wohlfahrtsverbände Auskunft geben. Dabei wäre ein einheitlicher Standard gut, da die Empfänger staatlicher Unterstützung nicht selten den Aufenthaltsort wechseln. Zudem sollten die Informationen verständlich und in leichter Sprache formuliert sein. Eine Sozialpädagogin der Caritas forderte eine stärkere Vernetzung zwischen Job-Centern und den Sozialen Beratungsstellen.

Beklagt wurde, dass es die Zentralstellen für Strafentlassene in Nürnberg und München nicht mehr in der ursprünglichen Form gibt. Nachdem sich Job-Center und Sozialamt daraus zurückgezogen haben, sind dort nur noch Sozialarbeiter der Wohlfahrtsverbände aktiv. Die vielen Wege zu den verschiedenen Ämtern seien Hürden, die für viele Menschen nicht zu überwinden seien.

Thematisiert wurde ferner, dass Wohnungslose ohne Unterstützung und Begleitung keine Wohnung finden – gerade auf einem angespannten Wohnungsmarkt. Die Betroffenen gerieten gegenüber Konkurrenten mit Wohnsitz und festem Einkommen stets ins Hintertreffen. Nürnbergs Caritasdirektor Michael Schwarz forderte, das Land müsse die Kommunen finanziell fördern, damit sie Menschen wieder in eine normale Wohnung vermitteln. Und Diözesan-Caritasdirektor Helmar Fexer ergänzte, dass die Pensionen, in denen die Betroffenen oft untergebracht werden, weitaus teurer seien als sozialer Wohnungsbau.

„Zu den sozialpolitischen Herausforderungen gehört die Gewährleistung einer bedarfsgerechten Wohnraumversorgung“, betonte der Landtagsabgeordnete Jochen Kohler. „Wohnen ist ein Grundbedürfnis des Menschen und droht immer mehr zum Luxusgut zu werden.“ Er sagte zu, den begonnenen Meinungsaustausch mit der Fachgruppe „Armut und Teilhabe“ des Diözesan-Caritasverbandes im Sozialpolitischen Arbeitskreis der CSU-Landtagsfraktion fortzusetzen. Daher schlug er vor, den Arbeitskreis nach Nürnberg in das Domus Misericordiae einzuladen, um den Kontakt zu den betroffenen Menschen zu ermöglichen.

Die Einrichtung Domus Misericordiae („Haus der Barmherzigkeit“) ist eine von fünf Einrichtungen des Caritasverbandes Nürnberg für Wohnungslose. Sie bietet eine Notschlafstelle für Männer und ambulant betreutes Wohnen. Die Mitarbeiter betreuen darüber hinaus Wohnungslose, die in Pensionen untergebracht sind.